Nicht ganz so zeitverzögert wie der Blog-Bericht aus dem Newsroom der britischen dpa, aber trotzdem noch mit etwas Sedierzeit dazwischen: als ich am Wochenende in einer Runde deutlich dem Rentenalter angehöriger Herrschaften gefragt wurde, warum das Internet uns Journalisten denn so verunsichere, schließlich sei es doch immens unpraktisch, erst den Computer einzuschalten, um einen Film zu gucken oder die Nachrichten, entgegnete ich, das sei ja genau einer der Unterschiede: dass wir, die über 40-Jährigen, unseren Rechner überhaupt erst noch hochfahren müssen, weil er nicht ohnehin dauernd läuft. Leider ließ die Durchschlagskraft meiner Argumente zu wünschen übrig; eine Mitschuld gebe ich der Tatsache, dass mein iPhone an diesem Ort keinen Empfang hatte und deswegen nicht zur Demonstration von “always-on” taugte.
Besser beschreibt das Phänomen des digitalen Generationenwandels Wolfgang Stieler in einem Artikel der aktuellen Technology Review, der online leider nur angerissen wird – als Bonus aber ein Interview mit einer Sozialanthropologin enthält, die die digitalen Generationen erforscht.
Wie tief der Wandel in der Medien-Nutzung geht, wie tief der Graben ist zwischen den “digital immigrants” (der Generation Festnetzanschluss) einerseits und andererseits denen, die jetzt unter 30 sind, die also ganz selbstverständlich nicht nur mit dem PC aufgewachsen sind, sondern mit Internet, Mobiltelefon, Vernetzung überall – das sei noch gar nicht richtig bei den klassischen Medien angekommen, argumentiert Matthias Schwenk in seiner lesenswerten und präzisen Analyse. Er beschreibt, wie der Themen-Empfehlungsdienst Zeitung in der Generation Facebook längst durch die Feeds der Freunde ersetzt wird, und er spricht ganz ruhig eine Warnung an uns klassische Medien aus: er fragt sich,
“… ob Zeitungen, die gerade beginnen sich mit dem Internet näher anzufreunden, dort nicht schon wieder den Anschluss verlieren, weil sie von einem überholten Kommunikationsmuster ausgehen.”
Wo der Carta-Autor mit der plattformüblichen intellektuellen Kühle argumentiert, ist Thomas Wanhoff angesichts fröhlich auf einem Stapel Twitter-Follower herumhüpfender Redaktionen schon längst der Kragen geplatzt:
“Fischen wo die Fische sind ist angesagt: Wer neue Leser finden will, muss dorthin gehen wo sie sind und sie so ansprechen, wie sie es gewohnt sind. Ich frage mich, warum ich und andere das seit Jahren herunterbeten und es Medien doch so schwer fällt, das einfach umzusetzen.”
Zuvor hat er, das sei zu seiner Ehrenrettung angeführt, einen langen Atem gepredigt beim Erlernen sozialer Netzwerke, und das lässt mir auch seinen Artikel lesenswert erscheinen.Nicht ganz so zeitverzögert wie der Blog-Bericht aus dem Newsroom der britischen dpa, aber auch nicht unbedingt in Echtzeit:
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